Literarische Texte sind "Sprachkunst".
Ähnlich wie bildnerische Kunst (Gemälde, Skulpturen) oder Musik-Kunst sind literarische Texte Kunst-Werke, die KünstlerInnen (in unserem Fall: SchriftstellerInnen, DichterInnen) schreiben und publizieren. Und im Idealfall reagiert die Öffentlichkeit (LeserInnen, Medien) auf diese Texte. Rezensenten besprechen Texte in den Medien. LeserInnen rezipieren die Texte und reflektieren oder diskutieren über ihren Inhalt.
Vielfach (aber nicht immer) reagieren AutorInnen auf aktuelle Themen und gesellschaftliche Debatten. Oft (aber nicht immer) fließen persönliche Erlebnisse der AutorInnen in Literatur ein. Oft (aber nicht immer) gehen AutorInnen kreativ mit literarischen Genres und bekannten literarischen Motiven um, indem sie sie variieren oder weiterentwickeln. Manchmal (aber nicht immer) sind literarische Texte auch als politische Statements zu verstehen. Fast immer thematisieren literarische Texte Themen, die "allgemein menschlich" sind, die alle Menschen betreffen und allen Menschen vertraut sind.
Literarische Texte haben meistens auch einen ästhetischen Anspruch. Das heißt: sie verdichten und gestalten Themen so, dass sie bestimmte ästhetische Ideen umsetzen.
Literarische Texte analyiseren heißt, Sprachkunst erschließen.
Durch die Analyse literarischer Texte machen wir uns auf die Suche nach diesen ästhetischen Gestaltungselementen in lierarischen Texten. Bei epischen Texten (erzählenden Texten) fragen wir uns zum Beispiel ....
Literarische Texte interpretieren heißt, Literatur zum Spiegel für das Leben machen.
Die Analyse kann in eine subjektive Interpretation des Textes münden. Bei der Interpretation verbinden wir die Geschichte mit Elementen außerhalb der Geschichte (also mit "dem wirklichen Leben"). Geschichte und Welt können wir zum Beispiel durch ein "Klammerthema" miteinander in Beziehung bringen.
Die richtige Interpretation eines literarischen Textes gibt es nicht. Es gibt für jeden Text ganz viele unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten. Denn gerade ihre Interpretationsoffenheit unterscheidet literarische Texte von Sachtexten: Es gibt ganz viele und immer wieder neue Möglichkeiten, literarische Texte zu lesen und zu verstehen. (Genau auch diesem Punkt ist die beliebte Schüler-Frage: "Was wollte uns der Autor mit seiner Geschichte sagen?" nicht zielführend. Wir sollten auf diese Frage verzichten.)
Eine Textinterpretation ist eine langwierige und mühselige Angelegenheit. Und nicht alle AutorInnen sind glücklich damit, dass man SchülerInnen im Deutsch-Unterricht zu Interpretationen ihrer Texte zwingt.
Doch ich verteidige die Textinterpretation.
Denn erst durch den analytischen Blick auf einen literarischen Text können wir seine "Feinheiten" und seine Besonderheiten wirklich entdecken und ein tieferes Verständnis für einen Text entwickeln. Erst durch den analytischen Blick auf einen literarischen Text können wir erkennen, dass es bei literarischen Texten nicht einfach nur um Handlung und das Erzählen einer möglichst spannenden Geschichte geht.
Und erst durch das interpretative Befragen eines Textes können wir uns einen Text auch persönlich aneignen und uns einen literarischen Text vertraut machen.
Das Analysieren und Interpretieren zwingst uns, uns länger und intensiver mit einem literarischen Werk, also einen Sprachkunstwerk auseinanderzusetzen. In einer Zeit, in der wir gewohnt sind uns möglichst viel Inhalt in möglichst kurzer Zeit anzueignen, ist das Analysieren und Interpretieren von Texten ein wichtiges "Gegengift".
Nur wer die "Tiefenstruktur" literarischer Texte erfasst, kann richtig lesen.
Sehr subjektive Tipps zum Weiterlesen und Vertiefen des Themas
Allgemeines zum Lesen und zur Bedeutung des Lesens fiktionaler Literatur
Interpretationen erzählender Texte
Informationen zur standardisierten Reifeprüfung finden sich auf der Webseite der Bildungsministeriums
Informationen zur VWA finden sich auf der offiziellen Webseite VWA